2 Mai, 2007

Wie im Himmel

Posted in Uncategorized um 2:57 pm von Burkhard

Wie im Himmel ist ein schwedischer Spielfilm, von dem ich mir wünschen würde, dass er ausdrückt, was an Schweden wesentlich und positiv ist. Vielleicht ist es nicht so, aber man darf ja hoffen – jedenfalls kommt er schon einmal von hier.  

Im Film geht es darum, sich zu finden, genauer: zum Kind in sich selbst zurückzufinden. Nach Jahren des Anwütens gegen die Welt ‚da draussen’ macht sich ein Mann auf, um sich zu vergewissern, wer er eigentlich ist und welches seine eigene, persönliche Botschaft ist, die er in die Welt bringt. Das wird ganz plastisch dadurch dargestellt, dass er in das Dorf zurückkehrt, in dem er aufwuchs, und dort als Wohnstatt die ehemalige Dorfschule anmietet.  

Er weiß zunächst nicht, warum er das eigentlich tut, folgt einem ihm selbst nicht erklärlichen Bedürfnis. Inhalt des Films ist nun, darzustellen, wie die anderen Dorfbewohner ihn dazu bringen, zu seinem Kern zurückzufinden. Dabei sind das alles andere als perfekte Menschen. Aber gerade im Reiben an ihren Unzulänglichkeiten modelliert sich sein verborgenes Ich heraus. Zum Ende findet er die Fähigkeit, zu lieben, und zwar untrennbar sowohl einen anderen Menschen als auch das Kind in sich selbst. Er hat sich von einem unglücklichen in einen glücklichen Mann verwandelt, von einem ‚falschen’ Menschen in einen ‚echten’. Und Nebenbei tut er viel Gutes an den anderen Dorfbewohnern, von denen sich durch ihn in Nebenhandlungen auch viele andere von ihrem falschen Ich emanzipizieren.  

Das Schwedische daran? Wie gesagt, ich weiss es noch nicht. Wenn ich hoffen soll, nenne ich zwei Dinge: Geld und Wohlstand ist in dem Film auf die sympathischste Art unwichtig, ja geradezu kontraproduktiv: die Entledigung von ‚Ballast’ durch ein einfaches Landleben scheint sogar eine der Voraussetzungen, um voranzukommen in der Suche des Mannes. Ausserdem fiel mir auf, wie extrem unterschiedlich die Dorfbewohner sind und der Film auch gar nicht versucht, ihren gemeinsamen Prozess als einen Prozess der Vereinheitlichung darzustellen. Es geht nicht darum, dass alle gleich werden, sondern dazu, dass alle sie selber werden. Die stärksten Momente hat der Film immer da, wo die anderen sagen: Du darfst so sein, auch wenn es meinen eigenen Ansichten oder meinem Klischee von dir nicht entspricht. Wenn also zum Beispiel die Frau ihre Kritik an seinen Lehrmethoden als Chorleiter aussprechen darf, der alte Mann seine jahrzehntelang geleugnete Liebe gestehen darf, die Frau des Pfarrers ihre Sinnlichkeit zeigen darf. Es gibt keine Guten und Bösen, sondern nur Unterschiedliche, die sich dazu noch auf einem unterschiedlichen Punkt in ihrer persönlichen Entwicklung befinden. Das ist wirklich ein extremer Unterschied zur (nicht nur amerikanischen) Film-Massenware, in der die Guten alle gleich und die Bösen zu vernichten sind. Hoffentlich ist in den Schweden ein Stück von diesem Menschenbild zu finden.

4 Kommentare »

  1. jan-erik said,

    Hallo Burkhard,

    hört sich gut an. Mir gefallen schwedische Filme sehr gut, wie die Henning Mankel Verfilmungen zB.

    Ein Film den ich in einem Hamburger Programmkino gesehen habe könnte dir/euch auch gefallen:

    Populärmusik aus Vittula

    Nach der weltweit erfolgreichen Romanvorlage von Mikael Niemi erzählt Regisseur Reza Bagher die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft jenseits des Polarkreises. Populärmusik aus Vittula ist eine furiose Zeitreise durch ein rebellisches Jahrzehnt und eine Liebeserklärung an das verschrobene Niemandsland zwischen Schweden und Finnland. Wildes und zärtliches Kino in der Tradition von Kaurismäki, Kusturica und Michel aus Lönneberga, ergreifend, schräg, komisch, märchenhaft und mitreißend wirklich.

    Entstanden ist Populärmusik aus Vittula an Originalschauplätzen in Pajala. Die aufwändigen Dreharbeiten dauerten 50 Drehtage, 35 davon im Sommer, 15 im Winter. Das Team setzte sich aus hochkarätigen Filmschaffenden aus Skandinavien zusammen, u.a. dem Kameramann Robert Nordström, dem langjährigen Lars von Trier–Weggefährten Anders Refn (Schnitt) und der Oscar-Preisträgerin Anna Asp (Szenenbild).

    Das Ensemble versammelt neben Stars wie Kati Outinen (Mann ohne Vergangenheit; Aki Kaurismäki), Björn Kjellman (Die besten Absichten; Bille August), Jarmo Mäkinen (Jägarna; Kjell Sundvall) oder Sten Ljnggren (Tillsammanns; Lukas Moodysson) die überragenden Newcomer Max Enderfors (Matti) und Andreas Af Enehielm (Niila) sowie zahlreiche Darsteller aus der Region von Pajala. In Schweden und Finnland wurde Populärmusik aus Vittula zu einem der größten Kinoerfolge der letzten Jahre.

    (Quelle:http://www.populaermusik.de/html/zum_film.html)

  2. Lieber Burkard,

    es ehrt mich natürlich, dass auch ein blog erscheint, der sich auf „Wie im Himmel“ bezieht.

    Inwieweit der Film „schwedisch“ ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Vielleicht ist er auch einfach nur „mensch-lich“, wie du und ich.

    Quer dem Motto: Du bist okay.
    Aus meiner Perspektive ist der Film auch christologisch zu deuten.
    Der Dirigent als eine Art Messias, der (ob er will oder nicht) Menschen Erlösung bringt und darüber hinaus selbst Erlösung findet.

    Auch aus dieser Sicht: ein „göttlicher“ Film.

  3. solanus said,

    @Jan-Erik:
    Danke, hervorragender Tipp. Hatte irgendwo schon von dem Film gehört, er war aber von meinem Radar verschwunden. Ich werde ihn definitiv beim nächsten Videothekbesuch versuchen, Populärmusik från Vittula bekommen. Die beiden Worte ‚mitreißend wirklich‘ in der Rezension haben es mir angetan; wenn ich in zwei Worten beschreiben müßte, was schwedische Filme ausmacht, dann wären es vielleicht diese.

    @Christian:
    Interessante Deutung. Da braucht man allerdings ein sehr menschennahes Messiasbild, denn ‚die Erlösung‘ stiften sich alle eher gegenseitig. Aber das ist ja eine nicht unsympathische Sichtweise.

  4. Lieber Jan-Erik,

    dass sich diese Erlösung alle gegenseitig geben ist ja gerade das Erlösende. Ich denke (glaube), dass dies auch durchaus messianisch (jesuanisch) ist, wenngleich der Alltag (auch meiner) eher dieser Weltdeutung fremd ist – hoffentlich jedoch nicht unmöglich.


Hinterlasse eine Antwort zu jan-erik Antwort abbrechen