20 Juli, 2007

Ein Auto kehrt heim

Posted in Sonstiges, Typisch schwedisch um 11:28 am von Burkhard

Aus aktuellem Anlass ein Nachschlag zum Thema ‚Auto’.  

Ein schönes Auto kann mein Auge schon erfreuen, aber doch eben nicht so stark, als dass ich jemals richtig Geld für ein prestigeträchtiges Auto in die Hand genommen hätte. 

Wer mit dem Auto angeben will, sollte das wenigstens mit seinem eigenen Auto tun, finde ich. Besonders uncool finde ich Angestellte (bei Firmeninhabern ist es etwas anderes), die vor Stolz auf ihren Firmenwagen platzen: ein mit Hilfe der Firma geleastes, sprich gemietes Auto. Worauf genau begründen die Leute ihren Stolz? Dass sie eine Position bekleiden, der sie zu einem Dienstwagen berechtigt? Ach du meine Güte…  

Auf dem Land ist ein Auto meist zwingend erforderlich, in der Großstadt eine bewusste Entscheidung gegen ein Auto für viele aber durchaus eine Option. Wie ein Exkollege, der  kein Auto besaß und sich bei Bedarf eben eins gemietet hat. Oder der Ex-Prof an der Uni, der das eigene Auto durch Taxifahrten ersetzte (es dauert lange, bis das teurer wird als der Autobesitz). Oder mein Cousin in New York City, den die Firma kostenlos per Limousinenservice aus dem Büro nach Hause fahren lässt. Diese Leute finde ich schon cool.  Das sind keine Autoverächter, aber sie haben sich befreit von den großen Lästigkeiten des Autobesitzes, besonders in der Stadt. Noch mehr befreit haben sie sich aber davon, ihr Ego an den Besitz eines Autos zu hängen. Und wenn sie Bock auf ein Auto haben, mieten sie sich einfach ab und zu einen netten Z4 Roadster fürs Wochenende. Das ist abwechslungsreicher, lässiger und nicht mal teurer als der Dreier-BMW, für dessen Besitz sich mancher krummlegt.  

Auch wir haben sehr ernsthaft erwogen, unser Auto abzuschaffen. Parken ist schon auf der Straße teuer, ein Tiefgaragenstellplatz ist nicht zu bekommen, man muß wöchentlich umparken, der Wagen steht ganzjährig draußen rum, ab 1.8. kostet am Werktag jede Fahrt in die Stadt hinein Maut… Stark für den Wagen sprach dagegen, so absurd das klingt, dass er zwölf Jahre auf dem Buckel hat. Einen Neuwagen in Stockholm unter die Laterne stellen? Niemals. Dann käme zu den Mühen auch noch die Sorge vor Kratzern oder einem Diebstahl.  

Ich habe eine Rechnung aufgemacht und die Gesamtkosten mit den Kosten der Teilnahme am Carsharing auf Södermalm verglichen. Das Auto kam für uns nur deshalb am billigsten davon, weil ich die Anschaffungskosten mit null bewertet habe. Für uns ist die alte Kiste natürlich lange bezahlt und abgeschrieben. Mit anderen Worten: Hätten wir eine Anschaffung zu tätigen, wäre sofort das Carsharing im Vorteil. So haben wir uns aber doch dazu entschlossen, den Wagen zu behalten.  

Daher mussten wir ihn ummelden. Dazu ist beim schwedischen Tüv, dem Bilprovning, eine ‚Registreringsbesiktning’ (‚Vollabnahme’) fällig. Das war bei einem Saab 900 Coupe natürlich kaum mehr als eine teure Formaliät. Fahrzeugschein und –brief werden zu Gunsten schwedischer Papiere vernichtet. Bei einer Rückkehr nach Deutschland werden wir diesen Aufwand (insgesamt ca. 300 Euro) sicher nicht noch einmal treiben, sondern den Wagen hier verkaufen. Dieser im schwedischen Trollhättan gebaute Saab hat definitiv seinen Weg zurück in sein Ursprungsland gefunden.  

Von einer Tuningmaßnahme träume ich aber doch: Richtig fette Zusatzscheinwerfer von Hella. Nein, nicht die kleinen, ovalen Lackaffen-Teile. Dem Alter des Autos gemäß müßten es die etwas altmodisch aussehenden, großen runden Hella 1000 sein. Überwältigende 500 Meter Leuchtweite, Scheinwerfer für lappländische Winternächte. Scheinwerfer, die in Deutschland meines Wissens verboten sind, da sie jeden entgegenkommenden Autofahrer sofort minutenlang erblinden lassen. Und im Winter müssen natürlich ein paar echte Spikesreifen drauf… 

DAS ist ein Auto, das nach Schweden passt. Das automobile Äquivalent eines roten Holzhäuschens: mit schwedischen Wurzeln, aber international; älter, aber stark und gut in Schuss; bescheiden, aber selbstbewusst; elegant, aber die Eleganz ist spannend gebrochen durch die Winterausstattung. So ein Wagen erzeugt keinen Neid oder wirkt wie ein peinlicher Ego-Verstärkungsversuch, sondern er bringt durchweg Sympathiepunkte – auch bei den Schweden.

5 Juni, 2007

Toiletten in Schweden

Posted in Deutschland aus Schweden gesehen, Sonstiges, Typisch schwedisch um 2:30 pm von Burkhard

Toiletten in Gaststätten sind in Schweden anders gebaut als bei uns. Bei uns gibt es ja immer eine Herren- und eine Damentoilette. Diese bestehen aus jeweils einem großen Raum mit mehreren WCs, die durch Trennwände abgetrennt sind. Diese Wände bieten Sichtschutz, aber kaum Geräusch- und Geruchsschutz. Das halten wir für normal und haben uns daran gewöhnt.  

In Schweden sind dagegen Toiletten meist einzelne kleine Räumchen mit WC und Waschbecken, ähnlich einer Gästetoilette zu Hause. Die Räume sind oft behindertengerecht gestaltet und/oder mit einem Wickeltisch ausgestattet, dadurch vielfach recht geräumig. Eine gepflegte Toilette dieser Art ist angenehmer und bietet mehr Privatsphäre als jede noch so schöne deutsche Restaurant-Toilette.  

Es ist allerdings für kleine Lokale offenbar keine Vorschrift, getrennte Herren- und Damentoiletten zu haben. Es gibt dann eben nur einen solchen Raum für beide Geschlechter. Prinzipiell stört mich das nicht weiter, allerdings ist die Gesamtzahl verfügbarer Toiletten pro Restaurant-Sitzplatz in Schweden oft sehr klein. Das ist wohl der Preis für diese ‚separate’ Bauweise. Oft bilden sich daher Schlangen vor der Toilette. Schlimmer noch ist jedoch die Auswirkung auf die Sauberkeit: Manche Toilette ist wirklich extrem intensiv benutzt, und schmutzige Böden und Keramik, schlechte Luft, überfüllte Mülleimer etc. sind daher häufig zu finden. Natürlich gibt es in Schweden wie in Deutschland große Unterschiede, aber insgesamt ist erreicht die Sauberkeit im Durchschnitt in Schweden derzeit nicht das deutsche Niveau.  

Die absoluten Könige in dieser Beziehung sind für mich aber die Schweizer. Hier habe ich ausnahmslos immer eine top-gepflegte Toilette vorgefunden – noch einmal eine Klasse besser als in Deutschland. Häufig sind dort auch ganz moderne Konzepte zu finden, z.B. Luftabzüge direkt in der Toilettenschüssel oder einen sich automatisch nach jeder Benutzung selbst reinigenden Toilettensitz. Bei einem Kunden fand ich eine Toilette mit eingebautem Bidet, bei dem nach Benutzung der Hintern mit Warmluft getrocknet wurde. Klar, wie im Projekt dort alle das menschliche Bedürfnis umschrieben: „Fangt schon mal an mit der Besprechung, ich geh’ mir vorher nur mal eben schnell den Arsch föhnen.“  

8 Mai, 2007

Shwedinen

Posted in Sonstiges um 10:26 am von Burkhard

Liebe Freunde des seriösen Schwedenblogs, ich lege gesteigerten Wert auf die Feststellung, dass ich den Beitrag ‚Nackte Schwedinnennicht mit dem Hintergedanken verfasst habe, Besucher auf meine Seite zu locken.  

Wobei: das wäre kein dummer Gedanke gewesen!  

Ok, wir reden von Peanuts hier: zweistellige Zugriffszahlen am Tag auf meinen Blog. Ich habe ihn bisher nicht einmal irgendwo registriert, da mir die Verbreitung weniger wichtig ist und ich ihn primär für mich und ein paar Freunde schreibe. (Wobei alle Leser natürlich herzlich willkommen sind!). Aber es hilft nichts: Meine Statistik weist aus, dass sich neuerdings die meisten Fremden auf meinem Blog einfinden, weil sie nach ‚nackt’ und ‚Schwedinnen’ suchen, teilweise mit abenteuerlicher Orthografie.  

Unbeabsichtigt scheint sich dadurch zu belegen, wie tief das beschriebene Klischee noch sitzt. Ich behaupte einfach mal (ohne hier eine Testreihe starten zu wollen!), dass weniger Leute nach ‚nackte Amerikanerinnen’ suchen, obwohl es davon im Internet bestimmt mehr gibt.  

Ein weiteres Abfallprodukt ist die wenig überraschende Erkenntnis, dass Zugriffszahlen kinderleicht zu manipulieren sind und als Aussage über die Verbreitung eines Blogs ungefähr soviel taugen wie die Maßeinheit ‚lines of code per day’ zur Messung der Qualität eines Programmierers.  

Hätte es denn nun unbedingt diese Überschrift sein müssen? Nun, natürlich will ich Euch mit meinen Überschriften zum Weiterlesen verführen. Mal ehrlich: könnt Ihr eine Überschrift ‚Nackte Schwedinnen’ lesen, ohne wenigstens ein paar Zeilen in den Text hineinzulesen? Eben. Dazu stehe ich – ein Autor muss auch ein Verführer sein. Aber ich gebe zu, dass es getreu dem Motto ‚sex sells’ der billigste aller möglichen Tricks ist, etwas anzubieten, das auch nur im Entferntesten mit Erotik zu tun hat, und sei es nur das Wort ‚nackt’. Sicher ist es eine größere Kunst, die Leute mit anderen Themen und sprachlichen Mitteln einzufangen. Eine solche Überschrift werdet ihr daher hier selten finden.  

Lieber Bildchensurfer, herzlich willkommen auf meinem Blog. Du wirst hier nicht finden, was Du suchst. Bevor Du weitersuchst, wirf doch trotzdem einen Blick in meinen Beitrag über die Schwedinnen. Traumwelten sind ab und zu schon ok, aber verwechsle sie nicht mit der Wirklichkeit, das bekommt niemandem. Ich freue mich übrigens auch immer über Kommentare aller Art (gern auch ‚äh- ich bin dann wohl falsch hier’).

26 April, 2007

Fünf-Dinge-Stöckchen

Posted in Sonstiges um 3:35 pm von Burkhard

Von hier bekam ich mein erstes Stöckchen:

  

Fünf Dinge, die ich habe, aber nicht will: 

Leergut von dem aus Deutschland mitgebrachten Bier 

Flugmeilen (Symbole fürs Nicht-Zuhausesein) 

Einen Keller voller Zeugs 

Rückenschmerzen  

Heisshunger auf Schokolade (gibts auch bei Männern)

  

Fünf Dinge, die ich will, aber nicht habe: 

Ausreichende Schwedischkenntnisse 

Einen Freundeskreis in Stockholm  

Schriftstellerisches Können wie Bodo Kirchhoff. OK, 1 %  davon machten mich auch glücklich 

Endlich ein eigenes Ultraleichtflugzeug 

Einen richtig schönen Sonnenstuhl für meinen Balkon 

 

Fünf Dinge, die ich nicht habe und nicht will: 

Ein Boot 

Einen PDA oder Organizer 

Computerspiele 

Skiurlaub 

Orden

  

Fünf Menschen, die dies (hoffentlich) noch nicht beantwortet haben, von denen ich mir das aber wünsche: 

Ey, ich habe doch gerade erst zu bloggen angefangen! Na gut, erst mal einer, kann ja noch ergänzen: Frank

11 April, 2007

SMS

Posted in Sonstiges um 5:05 pm von Burkhard

Zu den Dingen, die man in Schweden per SMS erledigen kann, gehört:

– Eine Fahrkarte für die U-Bahn kaufen.
– Für eine Wohnung steigern. Wir hatten uns mal spaßeshalber bei einer Versteigerung angemeldet. Gebote wurden per SMS abgegeben und das aktuelle Höchstgebot an alle verschickt: 2,1 Millionen, 2,2 Millionen …
– Den Lohnsteuerjahresausgleich machen. Für die meisten Menschen ist das nur ein kurzes Drüberschauen, ob die Zusammenfassung vom Arbeitgeber korrekt ist, da es nicht wie in Deutschland einen Dschungel an Steuerausnahmetatbeständen gibt. Dann eine SMS an das Finanzamt schicken – fertig!

20 März, 2007

B-Baby

Posted in Sonstiges um 7:16 pm von Burkhard

Die Skandinavier taufen ihre Kinder erst viele Monate nach der Geburt, oft erst ½ bis 1 Jahr danach. Warum, ist mir unbekannt. Bis dahin geben sie ihren Kindern auch noch keinen Namen, nicht mal vorläufig. Sie sind einfach das ‚Baby’. Das reicht ja in der Regel als eindeutige Bezeichnung – es sei denn, man hat Zwillinge. Derzeit hat gerade ein Kollege meiner Frau aus Finnland noch ungetaufte Zwillinge. Ihre Frage, wie er die Kinder momentan bezeichne, brachte ihn nicht aus der Fassung: „Das ist doch ganz einfach, wir nenen sie A-Baby und B-Baby!“

19 Februar, 2007

Winterdreck

Posted in Sonstiges um 7:08 pm von Burkhard

Für die von Euch, die es mittlerweile unglaubwürdig finden, dass ich immer nur Gutes aus Schweden berichte, soll auch mal was Negatives vermerkt werden. Also bitte schön: im Winter sind die skandinavischen Städte wirklich ganz schön dreckig. Zum großen Teil ist das sicher der Witterung geschuldet. Man streut die Strassen und Gehwege mit braunem Schotter, und das über Monate. Das heißt, in Stockholm liegen Hunderte, wenn nicht Tausende von Tonnen fein verteilten braunen ‚Drecks‘. Wenn ich eine Stadt absichtlich verschmutzen sollte, würde ich es kaum anders anfangen. Entsprechend sehen die Gehwege, Hausfassaden, Treppenhäuser aus. Natürlich wäscht hier auch keiner sein Auto – das tue ich auch nicht, es lohnt sich im Winter einfach nicht. Bei jedem zweiten Auto ist das Heck so braun, dass bei der Nicht-Lesbarkeit des Nummernschildes jeder deutsche Bulle die Schnappatmung kriegen würde.